Niemand zu sehen in den nächtlichen Straßen. Hie und da rast ein Wagen über das Pflaster. Die Vampirin zündet sich im Gehen wieder eine Zigarette an. Flüchtig, schnell, burschikos ist die Art, wie sie sie aus der Tasche zieht und zwischen die Lippen steckt. Nur im Süden können Frauen so nachlässig, so gierig süchtig mit Zigaretten umgehen. Bei ihr ist es noch schneller, eine kaum wahrnehmbare Geste, als würde sie sich hastig eine Haarsträhne aus der Stirn streichen. Dort, wo die Zigarette zwischen den Lippen steckt, wird jetzt wider einer der beiden Reißzähne sichtbar, die anregend, bestialisch die Lippen dazu bringen, sich von Zeit zu Zeit unwillkürlich zu öffnen.
Sie hatte in dem überfüllten Lokal plötzlich in ihrer Runde gestanden und am Gespräch der anderen teilgenommen, als gehört sie immer schon zu ihnen. Sie wäre völlig unscheinbar gewesen, doch ihr Gesicht war so blass, dass es trotz der Dämmrigkeit des Raumes zu leuchten schien. Niemand nahm Notiz davon. Doch kam ihr auch keine der Anwesenden sehr nahe. Ina zog diese schimmernde Blässe an. Ein totes Gefühl spürte sie von nun an, wenn diese Frau sie nicht anschaute. Ein Unbehagen, wenn die dunklen Augen nicht mitten in einem Satz in ihren zu ruhen kamen. Etwas Vertrautes tauchte in ihren Gedanken auf, Erinnerungen an Träume, deren Inhalt sie lieber vergessen hätte. Träume vom Meer in der schwarzen Dunkelheit, verfolgt werden im Sturm, Herzklopfen, Angst. Geschnappt werden, in den kalten Sand geworfen und eine warme Flüssigkeit, die gleich darauf im Rhythmus der Herzschläge aus ihrem Hals quoll, sich über den ganzen Körper ergoss. Eingelullt werden in der nassen Wärme.
Nicht nur die Erinnerung an die Träume fesselte sie. Es überlief sie mit einem Mal kalt, als sie feststellte, dass sie diese Frau haben wollte. Ihre eigene Haut wurde überempfindlich unter ihrer leichten Kleidung, spürte die Reibung der feinen Bluse, hatte dringend Berührung nötig. Als die Reißzähne der anderen immer öfter sichtbar wurden, die plane Fläche der Lippen durchbrachen, packte sie die Angst. Sie wollte aufspringen und gehen. Aber das Begehren lief längst auf Touren. Keinen Schutz mehr haben vor der anderen, betroffen sein, von jeder ihrer Gesten. Eine schläfrige, satte Beruhigung breitete sich in ihr aus, wenn sie den schwebenden Bewegungen der fremden Hände folgte. Die Frau schien von Inas Aufruhr nicht das Geringst zu ahnen und als das Lokal sperrte, nahm sie wie alle anderen ihre Sachen. An der Tür aber stand sie plötzlich, wie von der anderen dorthin gedrängt, dicht vor ihr.
„Und mit wem gehen Sie nach Hause? Der Satz war harmlos dahingesagt. Die Stimme allerdings hatte einen metallischen, harten Klang.
„Ich nehme ein Taxi.“
„So vorsichtig?“
Sie lachen einander an. Ehe Ina etwas hinzufügen konnte, wirde sie wie von einer Klaue am Oberarm gepackt. Die Berührung dauerte Sekunden, lang genug, um sie auf der Straße in eine Richtung abzudrängen, die die anderen Nachtschwärmer nicht einschlugen. Sie kamen an einer Reihe von Taxis vorbei und Ina nahm kein einziges davon, wusste, dass sie damit die Flucht verpasste.
Die Gegend wird menschenleer. Ina fühlt sich ungeahnt leicht. Sie schlendert langsam dahin, als hätte mit dieser Frau an ihrer Seite Jahre vor sich. Sie möchte jeden Schritt aufhalten, auf ein Fließband springen, das in die entgegengesetzte Richtung läuft und jeden gegangenen Meter wieder zurücknimmt. Die Angst ist von ihr gewichen. Sie wirft die Schultern zurück und kommt sich wie ein schweres Segelschiff vor, das ungerührt in dieser Stadt dahin gleitet.
Die Hände in den Hosentaschen vergraben schaut sie die Vampirin von der Seite an. Die merkt es nicht, geht neben ihr her, kleiner als sie, in ihrem Lederblouson, das sich an die Formen ihres Körpers anlegt, als hätte es diesen nie verlassen. Sie wirkt zäh, wie „Wind und Wetter“ Ob sie aus der Stadt sei, sie hätte sie noch nie hier gesehen, fragt Ina.
Da umfasst sie sie. Sie ist wild, ihre Finge krallen sich sofort in ihre Haare und reißen ihren Kopf zurück. Ihr kleiner Körper bohrt sich in ihren. Er ist sehnig und voller Kraft, die Lippen fahren über ihre Wangen die Kehle hinunter zu dem offenen Ausschnitt, sie reißt ihr Hemd mit einem Ruck auf, die Hände bewegen sich zu ihrer Brust und kneten sie. Ina spürt im ersten Moment nichts als eine Zunge, die in großen Zügen über sie hinwegleckt, dann scharfe Zähne. Die beißen jetzt zu und warme, weiche, starke Lippen pressen sich auf ihr Fleisch, beginnen zu saugen. Der Schmerz verschwindet sobald sich ihr Blut mit dem Speichel der anderen vermischt. Nichts tut weh, denkt sie benommen und erschauert in dem plötzlichen Genuss. Das war zuviel Bewegung. Eine der Hände verlässt ihre Brüste und packt sie an den Haaren. Sanfte Finger halten sie zurückgebeugt, damit nur der blutende Teil ihrer Selbst zuoberst ist. Verfügbar für den Mund der anderen.
Und ihr Blut wird vom Wind fortgetragen und zerstiebt in roten, im Mondlicht silbrig aufleuchtenden Streifen zuckend in der warmen Nacht. Die Blutfäden legen sich kurz an den Hausmauern an, bevor sie weitergetrieben werden, ihre schimmernde Oberfläche betäubt sie, wie die Lippen auf ihrer Brust und die Zähne, die sich noch weiter festsaugen, die klaffende Öffnung in ihrer linken Brust vertiefen.
Die andere macht sie schwach und taumelig. Sie sinkt zu Boden, da verlässt eine der Hände sofort ihre Brüste und ein starker Arm zwängt sich zwischen ihre Beine. Im weichen Kontakt ihres Slips mit den Lederärmeln der anderen spürt sie, dass sie feucht ist, so feucht wie der Mund, der an ihr saugt. Ihre Angreiferin merkt es ebenso, denn sie reibt an ihrem Slip, bis er buchstäblich in Stücke reißt. Dann wird sie von ihre geöffnet, fast vom Boden weggehoben durch das ficken, und die Reißzähne graben sich tiefer in ihr Fleisch und trinken aus der immer größer werdenden Wunde frisches Blut
Sie halten inne.
„Oh, Entschuldigung, ich beiße manchmal zu. Mir fällt das gar nicht mehr auf.“
„Das stört mich im Prinzip nicht.“