Ein zweites Mal kurz hintereinander haben wir, Lucy McEvil und ich es gewagt: eine szenische Lesung aus „Venuswelle“– zwei Stimmen für zwei Hauptpersonen, für deren Annäherung, für die Berg- und Talbahn ihrer Gefühle in intimen Begegnungen, auf ihrer geheimen Bühne gleichgesinnter Obsessionen.
Das ehemalige Rotlicht Etablissement ‚Arena Bar’, jetzt Kleinbühne des Aktionsradius Wien war wie geschaffen dafür, der ungewöhnlichen Begegnung meiner beiden Romanfiguren Steve und Nina gemeinsam mit Lucy einen zweistimmigen Klangraum zu geben und die Stunden ihrer Intimität sprachlich plastisch zu machen. Das Publikum reagierte leidenschaftlich mit seinen Fragen. Diesmal stand die sexuelle Inszenierung selbst im Mittelpunkt. Ist denn der Partner/die Partnerin einer solchen Inszenierung mit Fetischcharakter bloß ein Avatar, austauschbare Figur eines intimen Theaterstücks, in dem nur die detailgenaue Anordnung wichtiger Gestaltungselemente zählt, um ein ephemeres Glücksgefühl zu erzeugen, nicht aber die reale Person? Reicht es, wenn die Ingredienzen stimmen, und doch ohne Konsequenzen für das Leben außerhalb des so sorgsam gehüteten Kokons sind? Welche Funktion hat das Schreiben im Konservieren dieses Kokons? Durch die Schrift ist eine solche sexuelle Grenzsituation ja unendlich oft reproduzierbar und vermittelt die Illusion, dem Ende und dem Verlust einen Strich durch die Rechnung zu machen – im Schreibprozess, im Lesen, im Vorlesen.
Vielen Dank Andreas Brunner für seine schöne Intro, dem Publikum für seine Anregungen, Alois Kienast für die tolle Werbung, und last but not least Lucy McEvil, die wunderbar performte.
Fotos von Sabine Perthold